Nach einer Viertelstunde bleibt er stehen und deutet auf einen Baumstamm. „Hier, das sind Kratzspuren eines Tigers“, sagt der Vater zweier Kinder. Wenig später zeigt der 42-Jährige erheitert auf einen Kothaufen am Boden. „Und da hat sich ein Tiger erleichtert.“ Allmählich wird mir klar: „Die Tiere gibt es hier wirklich.“ Die Freude darüber lässt meinen Adrenalinspiegel weiter steigen. Ich schwitze noch stärker. Mein Rucksack, der blaue Tiger, ist schon ganz nass.
Es ist schwül-warm im Urwald, aber nicht heiß. Dichte Wolken ziehen über das Gebiet, das im Norden Keralas liegt. Schon 1934 stellten die Verantwortlichen die Region unter Naturschutz. Etwa 40 Jahre zuvor hatten die britischen Kolonialherren bereits den Periyar-Fluss aufgestaut.
Seither dient der See der Stromerzeugung und als Wasserreservoir für die Menschen in der Region. Aber vor allem ist „Thekkady“ ein Refugium für seltene Tiere und Pflanzen. „Allein 62 Säugetierarten leben hier, Tiger, Elefanten, Leoparden, Gaur, Sambars, Mungos, Wildschweine und Affen“, zählt Kunjumon auf.
Zudem bevölkern mehr als 300 verschiedene Vogel-, 40 Fisch- und ebenso viele Reptilienarten das hügelige Gebiet. Von den Tausenden Insekten- und Pflanzenarten ganz zu schweigen. Bis auf 1.700 Meter ragen die bewaldeten Kuppen in den Himmel. Sie gehören zu den Ausläufern der Westghats, einer gut 1.500 Kilometer langen Gebirgskette im Südwesten Indiens.
Daher geht es auch auf unserem Weg immer mal wieder auf und ab und ans Wasser. Wieder stehen wir am Fluss. Ein weiteres Bambus-Floß wartet. Wir setzen zu unserem Camp über.
Es liegt auf einer Landzunge. Um das Lager herum haben die Männer einen vier Meter tiefen und einen ebenso breiten Graben gebuddelt. „Damit wir nachts, im Schlaf, nicht von unliebsamen Gästen überrascht werden“, schmunzelt Arumugam. Im Mittelpunkt des Camps steht ein kleiner, etwas zugiger Bungalow. „Hier werden wir essen und abends unser Feuer machen“, begrüßt uns Naushad. Er ist unser Koch.
Dann zeigt er uns die drei Zelte, in denen wir übernachten werden. „Gleich gibt es erst einmal Mittagessen“, sagt Naushad, während er Tee einschenkt. „Am Nachmittag geht es wieder in den Wald.“
Deshalb sind wir hier. Um halb drei „tigern“ wir los. Ich kann es kaum erwarten. Schon der Weg zum Camp hat mich begeistert. Das Grün, die bunten Blüten, die warme Luft, die Geräusche. Ich liebe den Urwald. Erinnerungen an andere Dschnugelerlebnisse in Südamerika werden wach.