Der Zug ist pünktlich. Corona schlägt der Trenitalia kein Schnippchen. 14:31 Uhr: Ankunft am Bahnhof Brixen in Südtirol. Simon Messner biegt gerade mit seinem VW-Bus um die Ecke. Es ist schwülwarm. Wir sind verabredet. Zum Klettern, zum Bergwandern, zum Interview. Simon trägt einen prominenten Namen. Er ist der Sohn von „Bergsteiger-Legende“ Reinhold Messner. Aber um den Vater soll es nicht gehen. Eher um jenen jungen Mann, der seit einigen Jahren das Klettern in steilen Felswänden für sich entdeckt hat. Jedoch anders als Messner Senior.
„Ich sehe mich nicht als Extremsportler“, sagt der Junior. Dabei lächelt er zufrieden und blinzelt in die Sonne. „Grias di!“ „Hallo“, entgegne ich. „Das klappt ja wie am Schnürchen.“ Wegen der Corona-Pandemie gibt es keinen Händedruck. Herzlich ist die Begrüßung dennoch. „Schön, dass wir uns treffen“, sagt Simon. „Das wird ein ungewöhnliches Interview.“ Selten hat ihn ein Journalist in dem Gelände begleitet, das für ihn inzwischen mehr ist als nur ein ideales Revier zum Klettern. „Die Felsen, das Gebirge, die Dolomiten sind für mich Orte der Freiheit, des Lernens, der Überraschung. Heimat. Dabei kam der 29-Jährige vergleichsweise spät zum Bergsport. Mit 16 oder 17 Jahren erst. „Das Thema Berg war bei uns daheim immer sehr präsent“, berichtet Simon Messner. Die Geschichten, die der Vater erzählte, „waren immer spannend.“ Aber nicht mit ihm begann Simons Bergleidenschaft, sondern mit Freunden.
Mit ihnen geht er Anfang der 2000er Jahre erstmals an die Felsen. „Da hat es Klick gemacht.“ Obwohl der Start alles andere als einfach ist. Denn den jungen Mann plagt Höhenangst. Bis heute. Sie übt offensichtlich eine gewisse Faszination auf Messner Junior aus. „Während des Kletterns war mir oft unwohl. Aber sobald ich wieder sicheres Terrain unter den Füßen hatte, zog es mich zurück in die Wand. Fast magnetisch.“
Und so sind wir jetzt hier, am Fuße der Geislerspitzen. Wo wir im „Schupfen“, also im früheren Stall, übernachten, uns gegenseitig Geschichten erzählen und wo wir zum Abendessen leckere „Schlipfkrapfen“ serviert bekommen. Dort also, wo sich die Messners seit jeher „austoben“. Reinhold schon als junger Mann, sein jüngerer Bruder Günther – nach dem im Villnösstal ein Höhenweg benannt ist – und jetzt Simon. Stoff für einen Film über die Familie wäre das. „Aber so ein Streifen ist nicht geplant“, erzählt der Südtiroler Filmemacher. Denn auch das ist Simon Messner.