Rainer und ich kennen uns schon seit vielen Jahren. Wir sind uns im Hamburger KAIFU-Bad über den Weg geschwommen. Der gebürtige Berliner ist eine Wasserratte. Mit sechs oder sieben Jahren hat er in Neukölln das Schwimmen gelernt. Später spielt er mit großer Leidenschaft auch Wasserball. Sehr erfolgreich sogar.
Viele Gehörlose oder Hörgeschädigte lieben Wasser. Warum ist das so? Rainer kann nur spekulieren. „Vielleicht sind wir mit unserem Handicap beim Schwimmen gar nicht so benachteiligt wie in anderen Bereichen des alltäglichen Lebens. Normal Hörende haben im Wasser auch eine deutlich eingeschränkte Wahrnehmung, was die Akustik angeht.“ Auf jeden Fall fühlt sich Rainer Schulz im Wasser pudelwohl. „Da ist vieles so leicht. Man schwebt und wird getragen.“
Zwischen Angriff und Verteidigung
Diese Leichtigkeit hat der Personaltrainer in seinem Leben nicht immer verspürt. In der Kindheit hänseln ihn andere Jungen, grenzen ihn aus, provozieren und bedrohen ihn. Sie halten ihn für „blöde“ und „doof“. „Nur weil ich damals noch nicht von den Lippen ablesen konnte und es keine modernen Hörgeräte gab“, erinnert sich Rainer. Er rebelliert gegen seine Altersgenossen, wehrt sich, schlägt zu und prügelt sich. Das bringt dem Kleinsten und Schmächtigsten in der Clique zwar Respekt ein, aber auch Probleme.
Den Eltern bleibt das nicht verborgen. Der Vater schickt ihn zum Boxen und zum Judo. Dort soll er lernen, seine unglaubliche Energie zu bändigen und zu kanalisieren. „Schlage nie als Erster“, sagen der Vater und der Judotrainer. „Nur wenn du angegriffen wirst, sollst du dich verteidigen.“