Vor meiner Unterkunft steht ein Kastenwagen. Auf der Bank vor dem Hotel schnurrt sich eine Katze warm. Und Georgi wartet. „Dobre den“, sagt er mit einem freundlichen Blick. „Dobre“, erwidere ich. Georgi bringt mich mit dem Firmenwagen ein Stück hinauf. Mitten ins Herz des Piringebirges, zur Vihren-Hütte.
Georgio ist Ende 30, verheiratet, hat zwei Kinder und arbeitet für einen Drogeriehändler. Ab und zu aber auch als Chauffeur. Denn Georgis Chef ist auch Eigentümer des Hotels, in dem ich übernachte. „Da kannst du dir das Taxi sparen“, hatte Hotelboss Konstadin angeboten. Und so kurve ich Ende September gemeinsam mit Georgi zunächst aus Bansko heraus, durch den Wald und später auf etwas holpriger Piste immer höher Richtung Vihren-Hütte. Vorbei an Skihängen und Liften. Für viele Bulgaren ist das hier DAS Wintersportgebiet. Das Auto schnurrt wackelnd weiter. Sprachlich holpert es auch. Ich spreche kein Bulgarisch, Georgi kaum Englisch. Aber irgendwie verstehen wir uns. Wozu gibt es Hände, Füße, Gestik, Mimik und Geräusche…? Jedenfalls entsteht keine peinliche Stille.
Kurz nach der Berghütte Banderitza stoppt Georgi das Auto und zieht den Schlüssel aus dem Zündschloss. Dann deutet er auf die Holztreppen. „Ich will dir was zeigen“, sagt er wortlos. Am Straßenrand steht eine Tafel. Bajkuschewa Mura – das ist der Name eines uralten Nadelbaumes. Seit mehr als 1.300 Jahren wurzelt diese Schlangenhautkiefer hier im dünnen Erdreich am Fuße des Vihrenmassivs. Benannt nach Forstaufseher Konstadin Bajkuschew. Im Jahr 1897 entdeckt er das Naturdenkmal.
Georgi und ich steigen ein paar Dutzend Stufen hinauf. Dort thront der älteste Nadelbaum Bulgariens. Majestätisch gewährt er eine Audienz mit weit auslandendem Geäst. „Wenn die Bajkuschewa Mura erzählen könnte?“, denke ich, „dann würde sie weit ausholen müssen.“ In ihrem fast 30 Meter hohen Stamm (bis zu 7,80m Umfang) haben sich viele Geschichten angesammelt. Wir stehen andächtig vor der Kiefern-Königin. Beeindruckt. Georgi lächelt. So, als wollte er sagen: „Was ist schon der Menschen?“
Das sieht ja auch wie eine wunderbare Landschaft aus. Und wenig überlaufen klingt natürlich erst recht attraktiv … Schön, mal wieder was vom Blauen Tiger zu sehen 🙂