1.400 Kilometer zu Fuß über die Alpen, von Maribor nach Monaco. Drei Monate lang über Gipfel, Grate und Grenzen durch sieben Staaten Europas. Reporter Jörg Wunram hat sich einen Traum erfüllt. Im vergangenen Jahr überquerte er die Alpen von Ost nach West. Jetzt hat er seine Eindrücke in einem zweiteiligen Radiofeature und in Artikeln verarbeitet. Und ein Buch soll folgen.
Frage: Wie kommt man auf die Idee, so eine Tour zu machen?
Wunram: Der Ursprung liegt mehr als zehn Jahre zurück. Damals bin ich von München nach Venedig gelaufen. Ein sehr prägendes Erlebnis. Damals dachte ich mir, wenn ich die Alpen von Nord nach Süd überqueren kann, dann muss das doch auch von Ost nach West funktionieren. Im vergangenen Jahr habe ich diesen Traum Wirklichkeit werden lassen.
Frage: Und? War es ein Traum oder eher ein Albtraum?
Wunram: Es war ein „Alpentraum“. Vom ersten bis zum letzten Tag einfach nur schön. Natürlich anstrengend, aber nie langweilig. Ich hatte nicht einen einzigen Tag, an dem ich ans Aufgeben gedacht habe. Denn wie sagte mir einer meiner zahlreichen Interviewpartner auf der Reise: „Aufgeben kannst Du eine Postkarte, sonst gar nix“. Herrlich dieser Spruch und ein Lebensmotto von mir.
Frage: Deine Grundidee war grenzenloses Reisen im neuen Europa. Angesichts der momentanen politischen Situation scheint das etwas überholt zu sein. Ist das Feature dann überhaupt noch aktuell?
Wunram: Auf jeden Fall. Denn durch meine Erlebnisse und Abenteuer habe ich gesehen, was ein grenzenloses Europa auch sein kann: Freundschaft, Freiheit und Frieden. Die Menschen in den alpinen Regionen erleben das. Diesen Austausch gab es ja immer schon. In den vergangenen fünf Jahren sicher mit weniger politischen Hürden als heute, leider gibt es ja wieder Grenzkontrollen. Politische Grenzziehungen waren und sind leider immer noch Grund für Kriege und unsägliches Leid. Das sollte ein Ende haben. Das wünsche ich mir, weil ich Grenzen lieber im persönlichen Bereich suche. Nur die bringen uns letztlich weiter, wie beispielsweise in der Kunst.
Frage: Bist Du an persönliche Grenzen gestoßen?
Wunram: Klar habe ich viel Schweiß bei all den Auf- und Abstiegen vergossen. Aber an körperliche Grenzen bin ich nicht gestoßen. Eher an gedanklich-mentale. Wenn man so lange unterwegs ist, mit nur elf Kilogramm Gepäck auf dem Rücken, denkt man viel nach. Auch, weil ich den größten Teil der Strecke allein unterwegs war. Während des Wanderns tauchen fast automatisch ziemlich existentielle Fragen auf.
Frage: Welche denn?
Wunram: Wer bin ich, wo komme ich her, wo will ich hin und was brauche ich, und was möchte ich? Das sind Fragen, die ich beim Wandern ständig beantworte, in dem ich entscheiden muss. Gehe ich links, rechts oder geradeaus. Deshalb finde ich, dass Weitwandern eine tolle Lebensschule ist. Ich habe gelernt, dass es ohne ein konkretes Ziel sehr schwierig ist, sich durch die Irrungen und Wirrungen des Lebens zu bewegen.
Frage: Warum spielt in Deinen Schilderungen die Farbe Blau eine so wichtige Rolle?
Wunram: Weil Blau meine Lieblingsfarbe ist. Aber diese Antwort wäre mir zu einfach. Ich wollte während der Tour herausfinden, warum das so ist. Denn es gab so viel Blaues zu bestaunen. Die blauen Berge, die Seen, das blaue Eis der Gletscher, der Himmel, – und nicht ganz ernst gemeint – meine Hüttenlatschen, die Zahnbürste und meinen Rucksack. Da ich selten an Zufälle glaube, hat die Farbe Blau für mich einen tieferen Sinn.
Frage: Und der ist?
Wunram: Die Farbe Blau symbolisiert beispielsweise die Sehnsucht nach Unbekanntem und nach Ferne. Ich sage Abenteuer dazu. Das ist der tiefere Sinn. Davon hatte ich auf der Tour unzählige: große und kleine.
Frage: Warum schreibst Du über diese Tour eigentlich kein Buch?
Wunram: Mache ich ja. Im Frühjahr 2017 soll es erscheinen. Den Titel kann ich schon verraten. „Der blaue Tiger“. In dem Buch erzählt mein Rucksack die Erlebnisse aus seiner Sicht. Es wird also ein eher heiteres Buch.
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Merci.
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