Da habe ich wirklich großes Glück. Seit vielen Jahren ziehe ich durch die Lande und entdecke immer wieder Orte, an denen ich meiner Leidenschaft frönen kann. In der norddeutschen Tiefebene, an Nord- oder Ostsee, im hügeligen Mitteldeutschland oder im wirklich bergigen Süden. Es gibt kaum ein Gewässer, dem ich widerstehe. Okay: „Kläranlagen“ meide ich.

Früher waren Freibäder mein zweites Wohn-Zimmer. Spätestens seit der Corona-Pandemie besuche ich die öffentlichen „Badelandschaften“ nur noch selten. Zum einen waren die Bäder längere Zeit nicht in Betrieb, zum anderen habe ich meine Freude am Kacheln zählen ein Stück weit verloren. Die offenen Gewässer üben auf mich inzwischen einen deutlich größeren Reiz aus.

Keine offiziellen Öffnungszeiten, schwimmen wann und wo ich will (sofern dies andere Gründe nicht verhindern), mehr Platz und Raum, mehr Freiheit. Ja. Freiheit als Grundgefühl, das mich in offenen Gewässern begleitet und mein Antrieb ist.

Freie Gewässer lesen wie ein Buch

Wobei Schwimmen in Seen, Teichen, Flüssen und Meeren natürlich mit gewissen Risiken verbunden ist. Diese nehme ich gerne in Kauf. Letztlich geht es um Eigenverantwortung. Abschätzen, ob ich dem Gewässer gewachsen bin, ohne andere zu gefährden oder gar in Mitleidenschaft zu ziehen. Weil ich seit vielen Jahren (es sind Jahrzehnte) diese Art des Schwimmens betreibe, habe ich doch einen gewissen Erfahrungsschatz sammeln dürfen, der es mir erlaubt, eine recht zuverlässige Gefahreneinschätzung zu treffen. Ich lese offene Gewässer wie ein Buch.

Gibt es Strömungen der verschiedensten Art? Ist der Wellengang zu heftig? Habe ich an der Nordsee Ebbe oder Flut? Ist die Wasserqualität okay? Komme ich gut in das Gewässer hinein. Und vielleicht viel wichtiger: auch wieder heraus? Gibt es Schiffs- oder Bootsverkehr? Fühle ich mich fit? Droht ein Unwetter, Gewitter oder Sturm? Alles Fragen, die man vor dem kühlen Bade gewissenhaft prüfen sollte. Alles andere wäre leichtsinnig und dumm.