Der Zwiebelturm von Sankt Jakob ragt aus der Ansammlung der wenigen Häuser imposant in den stahlblauen Ötztaler Himmel. Das Bergsteigerdorf Vent liegt auf 1.900 Metern Seehöhe. Keine 150 Menschen leben in dem Ort. Umrahmt von hohen Bergen. Hier ist so ziemlich alles spitze: Wildspitze, Hochvernagtspitze, Fineilspitze, Guslarspitze, Kreuzspitze. Die Gipfel sind für Bergsteiger Anziehungspunkte. Besonders die Wildspitze mit ihren 3.768m.
Österreichs zweithöchster Berg und Nordtirols höchster. Als ich vor 15 Jahren hierherkam, war die Wildspitze eines meiner Ziele. Damals lag eine schwere Zeit hinter mir, mein Leben hatte sich komplett verändert. Vier Monate Entwöhnungstherapie hatte ich absolviert, nach jahrzehntelanger Sauferei. 30 Jahre trank ich zu viel Alkohol. Heute bin ich trocken. Seit 15 Jahren. Damals stand ich vor der Wahl: Weitermachen wie bisher und zugrunde gehen, oder STOPP sagen und einen Neuanfang wagen. Für welche Variante ich mich entschieden habe? Gut so. Das kann ich mit absoluter Gewissheit sagen.
Ausgerechnet in die geliebten Alpen
Auch wenn der Weg kein einfacher war, steinig, anstrengend, erschöpfend, herausfordernd. In meinem Leben türmten sich vor 15 Jahren Probleme auf. Höher als jeder Berg. Entzug, Depressionen, Trennung, unsichere Zukunft. Dennoch führte mich mein Weg ausgerechnet in die geliebten Alpen. Nach Vent ins Ötztal. Die Gegend kannte ich von früheren Besuchen. Ich mochte die Landschaften, die Gletscher, die Leute, die rauschenden Bäche, die Ruhe und die Strudel. Um mich auf die Wildspitze vorzubereiten, unternahm ich ein paar Touren. Wieder Sicherheit im hochalpinen Gelände bekommen, hatte ich doch fast zwei Jahre lang keinen Gipfel gesehen, geschweige bestiegen.