Wo die Zeit im Flug vergeht

Wo die Zeit im Flug vergeht

 10. August 2019

Da hinten, keine zehn Kilometer weiter, war die Grenze

Auch, als es noch die DDR gab. Nur wenige Kilometer von der Wasserkuppe entfernt befand sich die frühere deutsch-deutsche Grenze. Für manchen westdeutschen Piloten ein Problem. „Ein Flug oder eine Notlandung in der Deutschen Demokratischen Republik – das hatte ernsthafte Konsequenzen“, erinnert sich Harald Jörges an mindestens zwei Fälle.

Mit dem Wegfall der Mauer vor 30 Jahren gehören diese Geschichten aber der Vergangenheit an. „Gott sei Dank“, findet Fluglehrer Jörges. „Die Einheit war und ist doch ein riesiges Geschenk.“ Sagt es und blinzelt. Dann verschwindet er für einen Augenblick. Ich nippe an meiner Apfelschorle und schaue aus dem großen Fenster der Fliegerschule. Auf dem Flugplatz stehen vier Maschinen. Etliche Tagesgäste inspizieren die Geräte und machen Fotos.

Harald Jörges muss meistens organisieren

Harald Jörges kommt zurück und hat das Handy am Ohr. „Ok, dann machen wir das so“, sagt er. Dann tippt er mir auf die Schulter und deutet auf ein Flugzeug. „Damit fliegen wir gleich.“

 Schon brummt der Propeller. Harald (beim Fliegen ist man schnell beim Du) und ich tragen Kopfhörer. Es ist warm in der Kabine. Ein bisschen stickig. Wir holpern mit dem Motorsegler zur Startbahn.

Gemeinsam im Cockpit. Premiere für mich

Drei vier Talks mit dem Tower, dann gibt der Pilot Gas. Nur wenige Sekunden später zeigt der Tacho 80 km/h. Takeoff, wir heben ab, schweben, fliegen der Sonne entgegen.

„Wow, das ging schnell“, krächze ich beeindruckt ins Mikrophon. Harald nickt zufrieden und steuert das Flugzeug im großen Bogen um die Wasserkuppe herum. Dabei zeigt er hierhin und dorthin. Nach ein paar Minuten stellt der Pilot den Motor aus. „Jetzt segeln wir wie ein Vogel.“ Ich höre nur das Rauschen des Windes. Es klingt fast wie Musik, wie eine Ode an die Freiheit, wie ein luftiges Loblied auf das Leben.

Unter uns liegen die weiße Kuppel der Radarstation, die bunten Windsäcke am Flugplatz, die grünen Weiden und das grau-braune Fliegerdenkmal. Jeder Hügel, jedes Haus und jeder Holzhaufen – alles gut zu erkennen. Und der Guckaisee, der grau-blau in der Mittagssonne glitzert. Ein anderes Flugzeug schraubt sich in einiger Entfernung in die Höhe. Harald lächelt.

Von oben ist alles sooooo klar und deutlich

Das hier ist seine Welt, sein gelebter Traum, den er gerne mit anderen teilt. Gerade mit mir. Vor einigen Jahren mit seiner Mutter, die im fortgeschrittenen Alter die Heimat von oben kennenlernte. Mit seinem Sohn, der inzwischen selbst ein begeisterter Flieger ist. Nur Vater Jörges, der bodenständige Landwirt, wollte nie in eine Maschine steigen, weil er Höhenangst hatte. „Das muss man respektieren“, sagt Harald. Er selbst hatte beim Fliegen noch nie Angst, denn „die blockiert das logische Denken.“ Was ist es dann, was Jörges in der Luft empfindet? „Dankbarkeit, tiefe Dankbarkeit.“

Dankbarkeit
DANKE HARALD für das tolle Erlebnis!

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