In eine Spalte, in eine tiefe, in eine sehr tiefe. Der Sturz dauert lange. Eine halbe Minute bestimmt. Mehrere hundert Meter freier Fall. Um mich herum leuchtet das blaue Gletschereis. Ich bin fasziniert und freue mich, so etwas erleben zu dürfen. „Irgendwie muss ich aber zum Stillstand kommen, bevor ich am Grund des Gletschers aufklatsche“, so mein Gedanke. Ich schlage den Eispickel in die gefrorene Wand. Abrupt endet der Sturz.
Gerettet. Mit dem rechten Arm hänge ich wie ein nasser Sack am Pickel. Die Steigeisen schlagen einen Tritt ins Eis. Über mir ragt die steile Wand in die Höhe. Den Rand erkenne ich kaum. Egal. Eigenartigerweise habe ich keine Angst. „Boah, habe ich Hunger“, geht es mir durch den Kopf.
In meinem Rucksack befindet sich glücklicherweise eine Dose Spaghetti mit Tomatensauce. Nicht irgendeine, sondern eine, die sich selbst erhitzt, wenn man den Dosendeckel öffnet. Genial. Schnell wabert Nudelduft durch den Natur-Eisschrank. Und der von sonnengereiften Tomaten. Das Essbesteck ist gerade gezückt, da bemerke ich in der Tiefe der Gletscherspalte Geräusche. Vielleicht 1.000 Meter unter der Oberfläche.
Neugierig warte ich einen kurzen Augenblick und schaue mich noch einmal genau um. „Toll, dieser Dom hier.“ Wie eine Kuppel wölbt sich das Eis. Ich befinde mich in einer Kathedrale mit einem Durchmesser von bestimmt 15 Metern. Vom Grund her, noch weiter unten, rauscht es. In jedem Gletscher gibt es auch flüssiges Wasser. Um die Ecke biegt ein Etwas. Schwebend. Ein Wesen. Die Hände an den langen Armen kleben wie bewegliche Saugnäpfe an den gefrorenen Wänden.