Ein Mann mit Haltung

Ein Mann mit Haltung

 12. November 2023

Bloß keinen Ärger mit der Kirche

Mit der Kirche wollten sich die Nazis offenbar nicht anlegen, schon gar nicht im Villgratental, „wo wir sehr gläubig sind.“ Doch seit dem Anschluss Österreichs durch die Nazis hat die Gestapo den braven Landwirt im Visier. Immer wieder besuchen Männer in braunen Pumphosen oder langen dunkelbraunen Ledermänteln den Hof. „Einmal saßen wir hier am Küchentisch. Der Vota unterhielt sich mit unserem Dorfpfarrer Anton Moling über die Geschehnisse im Großdeutschen Reich.

Mittagspause in der Sonne

Sie sahen das drohende Unheil. Da klapperte es draußen. Mein Vater ging hinaus, um nachzuschauen. Da stand ein ortsbekannter Nazi, der sein Ohr an die Fensterscheibe der Küche drückte. Hören, was der Protestbauer da wohl ausheckt.“ Die Reaktion meines Vaters war kurz, klar und knapp: „Schleich di.“ Ende des Lauschangriffs. Dass die Nazis dem Rainer „Sepp“ nichts anhaben konnten, verdankt er ein Stück weit seiner Mitgliedschaft in der freiwilligen Feuerwehr im Dorf. „Mein Vater war der Einzige, der sich mit der Motor-Spritze auskannte und sie bedienen konnte. Die NS-Schergen wussten das. Sie brauchten ihn, wenn es wieder mal lichterloh brannte.“

Er blies gerne den Marsch

Mit Hochwürden gegen Horchposten

Das kam gottseidank nicht so häufig vor. Selbst in den Kriegsjahren nicht. Seinen Widerstand gegen die Nazis hat der Grüß-Gott-Bauer nie eingestellt. Im Gegenteil: Der 1938 geborenen Tochter gab er bewusst den Namen der letzten österreichischen Kaiserin. Zita! „Magst du was trinken?“, fragt Notburga Rainer. Sie rührt mit dem Kochlöffel im Suppentopf. Ihr Mann Josef winkt ab. Er nimmt das schwarze Fotoalbum zur Hand, blättert etwas versonnen, nimmt einen Stift und schreibt mit fester Hand in ein Notizbuch. Kein Wackeln. Eher schwungvoll steht jetzt „Grüß Gott“ auf dem Papier.

Josef, der mehr als ein halbes Jahrhundert lang in der Innervillgrater Musikkapelle mit seiner Trompete den Zuhörern auch oft den Marsch blies, schmunzelt. Er stützt seine Arme auf die Knie, erhebt sich und geht leicht gebeugt in die Stube. Zwischen den Fenstern hängt eine Urkunde für seine Verdienste für die Blasmusik an der Wand. Der alte Mann richtet sich auf und steht wie eine Eins daneben. So beschreiben ihn die Menschen in Innervillgraten. „Immer aufrecht“, sagt etwa Alois Mühlmann, der Vorsitzende des Heimatpflegevereins. „Josef hat das Herz auf dem richtigen Fleck.“ Wie sein Vater, der 1981 im Alter von 89 Jahren starb.

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