Naus, Tauschl und Maier starten sehr früh am Morgen. Um vier Uhr. Es ist noch dunkel. Der Auftrag: Leutnant Naus soll das Zugspitzmassiv vermessen. Für seine Majestät, den bayerischen König Maximilian I.. Denn der möchte sein Reich auf Landkarten inspizieren. Das Unterfangen also ist kein touristischer Ausflug ins Wettersteingebirge, sondern – wenn man so will – ein dienstlich angeordnetes Abenteuer.
Den Weg, den das Trio nimmt, kenne ich auch. Ich bin ihn vor etlichen Jahren schon einmal gegangen. Damals auch dienstlich. Heute bezieht man auf dieser Route kein Quartier mehr in einem Unterschlupf für Hirten, sondern im Reintalangerhaus. Die Hütte steht direkt am Ufer der kristall-klaren Partnach. Später, an der Knorrhütte, vereinen sich beide Pfade und führen zum Gipfelaufbau, an dem ich mich gleich befinde.
Das Geröllfeld liegt fast hinter mir. Nur noch wenige Schritte. Atempause. Rundblick. In der Morgensonne leuchtet der Schneeferner etwas matt. Deutschlands angeblich größtes Gletschergebiet. Eigentlich. Denn das, was vom Ferner (Tirolerisch für Gletscher) übrig ist, wirkt eher mickrig.
Noch im 19. Jahrhundert bedeckt der Schneeferner eine Fläche von 300 Hektar, dann teilt er sich in zwei Zungen. Bis in die 1950er Jahre schrumpft er auf 60 Hektar zusammen. Durch Erderwärmung und Klimawandel sind inzwischen noch etwa 17 Hektar übrig. In einigen Jahrzehnten dürfte es nur noch klägliche Eisreste geben. Forscher wie die im Schneefernerhaus grübeln, wie man das noch verhindern kann. Gar nicht, glauben etliche Wissenschaftler. Der Zug sei abgefahren.