Am anderen Ufer hängen weiß-grün-blaue Orgelpfeifen von den Felsen, stehen runde Tiefkühl-Champignons auf den Vorsprüngen und darunter schießt das grün-kalte Wasser zu Tal. Die Gebilde beflügeln die frostige Fantasie. Wer besonders kälteempfindlich ist, sollte die Handschuhe nicht vergessen. Selbst im Sommer ist es in der Schlucht immer schattig und eher frisch. Kaum bis gar kein Sonnenlicht dringt in die Enge der Felswände.
„Die Menge wälzt sich bergan“
Gerne würden wir an der ein oder anderen Stelle länger verweilen. Genauer schauen, was wir in den Eisfiguren erkennen können. Doch die Menschentraube schiebt sich unaufhaltsam Richtung Reintal. Als Stau auslösende Stöpsel wollen wir nicht herhalten. Zu schmal ist der Steig an mancher Stelle. Also wälzen wir mit der Masse leicht bergauf.
Mehrfach schaue ich in die Partnach, die sich seit Jahr Million durch die Felsen frisst. „Im Winter in der Klamm zu schwimmen“, denke ich, „wäre mal eine Maßnahme.“ Ohne Ausnahmegenehmigung aber ist da wohl nichts zu machen. Nach einer guten halben Stunde nähern wir uns dem Ausstieg. Geschwängert mit Eindrücken von vielen Zapfen, Zacken und Zitterpartien. Manches Gesicht ist blau gefroren. Wäre Sommer, würden wir jetzt ins Reintal vorstoßen. Richtung Zugspitze. Reintalangerhütte. Einer der vielen Steige auf Deutschlands höchsten Berg. Doch im Winter biegen wir kurz nach der Klamm ab, gehen ein paar Höhenmeter hinauf und stehen vor der Kaiserschmarrn-Alm.
Tochter und Vater verstehen sich wortlos. Ein paar Minuten später steht eine Pfanne mit der bayrischen Köstlichkeit auf dem Tisch. Daneben Kaffee. Davor: Ein Ausblick der Extraklasse ins Wettersteingebirge. Wir schmausen, genießen und plaudern. Über dies und das. Vor allem aber über den besichtigten Schlund, über die Partnachklamm und die Kräfte, die dieses Naturdenkmal haben entstehen lassen. Angesichts dessen fragen wir uns: Was ist der Mensch? Ein kleines Wesen, ein Nichts? Ein Hirsch, der aus Körper, Geist und Seele besteht? Wer weiß das schon so genau.
