April 2022: Nächster Morgen: Lars und ich schauen uns beim Frühstück die dicke Olympia-Broschüre von 1972 an. Alle Infos, alle Wettbewerbe und die „sensationelle“ 70er Jahre-Werbung für topmodische Hemden und Fernsehapparate. Wir schmunzeln. Auch weil es beim Rudern auf der Regattastrecke in Oberschleißheim nur Wettbewerbe für die Männer gab… (Frauenrudern wurde erst vier Jahre später in Montreal olympisch.) Beim Kanu dürften die Damen immerhin schon drei olympische Rennen bestreiten.
August 1972: An der Anlage, die im Münchner Norden extra für Olympia auf einer Länge von etwa 2,3 Kilometern in die Erde gefräst wurde, stehen wir am späten Vormittag. Es pfeift ein eisiger Wind über die Tribüne und das grüne Wasser. „Tote Hose hier“, sagt Lars und zeigt auf den Zielturm. Der steht als stummer Zeitzeuge denkmalgeschützt am Rande des Riesenbeckens. Ruderer oder Kanuten sind keine in Sicht. „Wo gehen wir rein?“, frage ich. Bei der Streckenmarkierung 250 entblättern wir uns, es beginnt zu regnen. Das Wasser schwappt
ans Ufer und das Thermometer zeigt kuschelige fünf Grad. Hinein. Abtauchen. Schwimmen. Eine Fußgängerin geht spazieren, sie bleibt kurz stehen, schaut, schüttelt den Kopf und zieht ihren Hund hinter sich her. Wir fühlen uns pudelwohl. 20 Minuten später sitzen wir im Auto und sind auf dem Weg nach Augsburg. In die Stadt der Fugger und der Puppenkiste.
August 1972: Unser Ziel ist der Lech. Genauer gesagt der Eiskanal. Dort fanden 1972 erstmals in der olympischen Geschichte Wettbewerbe im Kanuslalom statt. Auch diese Anlage haben die Macher extra für das sportliche Highlight errichten lassen. Bis zu 20.000 Zuschauer säumten seinerzeit das wilde Wasser. Mit erheblichem finanziellen Aufwand wird die Strecke derzeit saniert, damit Wasserwalzen, Strudel und Stromschnellen noch wilder in den Lech tosen können. Schwimmen verboten. Unseren Antrag auf eine Sondergenehmigung hat das Sportamt noch nicht bewilligt. Daher erstmal nur eine Ortsbegehung.
April 2022: Ein Kanute kämpft mit kräftigen Paddelschlägen in den Strom-Schnellen. Es rauscht, es spritzt, ohrenbetäubender Lärm. Ein bisschen mulmig ist uns schon. Wortlos beschließen wir: Wenn wir Schwimmen dürfen, nur mit Helm. Und mit Paddles. Und wir wollen alle warnen: So etwas bitte nicht nachmachen. Das ist nur für wirklich sehr geübte Schwimmer machbar.
„Alter, da kriegst du Speed“
Lars nach dem Schwumm im Strom des Lech
Klasse Jörg, Jugenderinnerungen werden wieder erweckt. Die Olympischen Spiele 1972 als Wintersportler natürlich Sapporo und danach München im Spätsommer, mit den sportlichen Leistungen und leider auch mit dem Attentat auf die israelische Mannschaft durch palästinensische Terroristen – auch das ist Teil dieser Olympischen Spiele von München, die nie vergessen werden dürfen.
Sportlich stand ich der Leichtathletik sehr nah, aber als Thüringer Junge natürlich auch dem Schwimmer Roland Matthes aus Erfurt mit seinen Siegen auf beiden Rückenstrecken. Auch bin ich heute noch stolzer Besitzer aller Olympia -Briefmarken von 1972 – ob DDR oder BRD – auch des Markenblocks des Olympiaparks ! Wie ich zu den Marken der Bundesrepublik gekommen bin, ist auch eine sehr interessante Geschichte, die ich leider auch bis zur Wiedervereinigung für mich behalten musste. Danke Jörg, für die Auffrischung alter Erinnerungen und wie abgesprochen bis bald auf zu neuen Erlebnissen.
Lieber Matthias, die Geschichte mit den Marken aus der „BRD“ musst du mir erzählen. Danke für deinen tollen Kommentar.
Sehr schöne Idee mit dem Olympiaschwumm 1972+50! Gut geschrieben und habe mich beim Lesen an die gemeinsame Spaghetti-Tour vor ein paar Jahren erinnert. Im Dantebad und Regattasee war ich selbst auch schon schwimmen. Die Stätten sind gut zu beschwimmen und der Geist von O 72 noch zu spüren. Habe mittlerweile das Rettungsschwimmabzeichen Gold und ein 5-Monate altes Baby, weshalb ich gerade nicht so viel Schwimmen kann. 🙂
Danke liebe Doro. Ja, die Monterosarunde 2015 war sehr fein. Dir alles Gute. Und Bergtour immer gerne
Solche speziellen Sportereignisse sind wirklich erinnerungswert!
Genau.
An die Bahn 8 in diesem Bad habe ich auch nur gute Erinnerungen. 1990 erste DM nach der Wiedervereinigung von Ost und West.
Das erinnere ich sogar, lieber Jochen. War damals auch im Bad.