Draußen braust die Nordsee über die Ufer von Langeness. Jene Hallig, die mit etwa zehn Kilometern Länge das größte Eiland dieser Art ist. Knapp zwei Stunden braucht die Fähre vom Festland zur „langen Nase“, die zwar wie eine Insel aussieht, aber – um Gottes Willen – keine ist. „Eine Hallig ist eine Hallig und keine Insel“, sagt Fiede Nissen. Wenn es einer wissen sollte, dann er. Der 72-Jährige ist sozusagen ein „Ureinwohner“. „Halligen sind anders entstanden als die großen nordfriesischen Inseln Amrum, Sylt, Pellworm oder Föhr“.
Eilande wie Langeness sind somit etwas ganz Besonderes. Weltweit gibt es nur zehn davon. Mehrmals im Jahr verleibt sich die Nordsee das Land ein und verschluckt Wiesen, Büsche und die wenigen Bäume. Dann herrscht „Land unter.“ „Keine Ahnung wie viele Sturmfluten ich erlebt habe“, grinst Fiede Nissen, der mit bürgerlichem Vornamen Hans Friedrich heißt. Aber so nennt ihn hier keiner der etwa 110 ständigen „Halliganer“. Ein paar Jahre war Fiede Bürgermeister auf Langeness, viel länger aber brachte der Mann mit dem markanten Rauschebart die Post. Vom Festland auf die Halligen, wo sie die Postboten dann verteilten. Fast 38 Jahre lang trotzte der Nordfriese den Urgewalten der See. Den Wellen, dem Wind, den Tücken des Wattenmeers und den unzähligen Sturmfluten. „So ein Leben prägt“, sagt Jan-Lüppen Brunzema. Er und Fiede sind seit 20 Jahren gut befreundet.
„Moin Moin ist fast schon Gesabbel“
Fiede Nissen
Auf eine gewisse Art ähneln sich die zwei gestandenen Männer. Beide sind Friesen, wie sie im Buche stehen. Sie haben die Ruhe weg. Nichts bringt das Gespann so schnell in Rage. Beide lieben ihre Heimat. Der eine (Brunzema) Ost-, der andere (Nissen) Nordfriesland. „Das verbindende Element“, betonen sie, „ist die Nordsee.“ Jan-Lüppen hat das Meer sein ganzes Leben lang aus der Vogelperspektive beobachtet und lieben gelernt. Er war und ist Pilot. Fiede eher auf dem Boden der Tatsachen, mit seinem Postschiff oder seiner Lorenbahn. Die Freunde haben sich länger nicht getroffen. Darum gibt es ein besonders herzliches „Moin“, als sich sie auf der Hallig begrüßen. „Mehr muss das gar nicht sein“, erzählt Brunzema. „Moin Moin ist schon fast Gesabbel“, flüstert Fiede bedeutungsvoll.