Dann geht es etwa 20 Minuten einmal der Länge nach über die Hallig. Zur Neuwarft. Dort lebt Nissen mit seiner Frau Lore, seinem Sohn Thies, dessen Frau Jasmin und Enkeltochter Jonna… .Und mit ein paar Kühen, viel Weitsicht, noch mehr Wind und vor allem mit den Gezeiten. Warften – das sind künstlich von Menschenhand aufgeschüttete Hügel, auf die die Halligbewohner ihre Häuser und Höfe gebaut haben. „Hier sind wir ziemlich sicher“, sagt Thies Nissen. Betonung auf ziemlich. Denn zehn bis 15 mal im Jahr macht die Nordsee das, was sie am liebsten tut.
Über die Ufer treten und mit ihrer ganzen Kraft das Eiland überschwemmen. Meist kommt das Wasser nicht bis zur Haustür, „da haben wir noch keinen Alarm“, erzählt Jasmin, die sich um die Ferienwohnungen auf Neuwarft kümmert. Aber manchmal flutet die Nordsee auch das Erdgeschoss. Dann verzieht sich Familie Nissen in die erste Etage. Und wartet. Solange, bis das Meer das Land wieder freigibt. Jan-Lüppen Brunzema kennt diese Szenarien gut. „Keine Ahnung wie oft ich das schon aus dem Flugzeug heraus gesehen habe.“ Dann leuchten mitten in der Weite der Nordsee nur noch einzelne Dächer mit einem Obergeschoss aus dem Wasser. Sturmfluten sind immer eine Bedrohung. Aber richtig Angst haben die Friesen davor nicht mehr. „Die Natur bestimmt unser Leben, das wird auch so bleiben“, hofft Fiede Nissen. Er hat in die Hummerkiste geladen. Zu Kaffee und frisch gebackenen Waffeln, die Lore – Fiedes große Liebe – zubereitet hat. Die Hummerkiste ist übrigens ein kleines Gartenhaus, direkt neben dem Teich. Innen hängt an der Stirnseite ein großes Filmplakat. Sturmflut II“ steht darauf. „Tja, das war mal ein Ereignis,“ lacht Lore, als sie einen riesigen Stapel Waffeln auf den Tisch stellt. „Kaffee kommt gleich.“
„Die Nordsee ist mein Leben“
Jan-Lüppen Brunzema
„Sturmflut“ – ein Dokudrama, das zum Teil hier auf Langeness und den anderen Halligen (Oland, Gröde, Hooge ect.) gedreht wurde. Mit dabei als Darsteller: Fiede Nissen, Jan-Lüppen Brunzema und Christine Kutschera. Die Hamburger Schauspielerin verkörpert seinerzeit Nissens Tochter Maike, die sich als Porzellanmalerin im sächsischen Meißen ihren Lebensunterhalt verdient, sich in den Piloten (Jan-Lüppen Brunzema) verliebt und ihn in ihrer nordfriesischen Heimat heiratet. „Ja“, lacht Papa Nissen, „die Maike, also Christine, ist eine ganz liebe Tochter.“ Sagt es und schon steht die Schauspielerin in der Hummerkiste. Mit einem stilechten „Moin.“ „Moin mien Deern“, sagt Brunzema und drückt seiner Film-Ehefrau einen liebevollen Kuss auf die Stirn. Und Vadder Fiede umarmt seine „verlorene Tochter“ mit leuchtenden Augen. „Is al lang her, dat wi uns sehn hebbt.“