Andreas Behrens ist weitgereister Flugzeugtechniker, Rettungssanitäter, Gastronom und leidenschaftlicher Surfer. Er trägt einen auffälligen Ring an seinem Finger. „Das ist ein Knopf von Onkel Johnnys alter Kapitänsjacke“, erzählt Desche ein bisschen stolz. „So habe ich meinen Großonkel immer bei mir.“ Jenen Kapitän aus Tinnum, der zeitlebens einen grünen Sittich auf der Schulter herumträgt, gerne eine Pfeife im Mundwinkel hat und auf den ersten Blick etwas mürrisch wirkt. Aber er ist ein geselliger Mensch, geht gerne mal in den Dorfkrug, um sich mit Freunden und Nachbarn bei einem oder mehreren Gläsern Brause/Korn auszutauschen. Jon Andresen sagt dann immer nur zu seiner geliebten Frau Marta: „Ich geh mal zum Frisör“…
„Onkel Johnny war ein toller Erzähler“
Andreas Behrens, Gastronom
Und das kann dauern. „Es brauchte eine Weile, bis Onkel Johnny sich anderen Menschen öffnete“, erinnert sich Desche. „Wenn du ihn aber geknackt hattest, dann erzählte er spannende Geschichten von seinen Fahrten über die Ozeane dieser Welt.“ Für die Jungs nicht nur lehrreich, sondern eine Inspiration. Vielleicht war auch ein bisschen Seemannsgarn dabei. Unglaublich hören sich die Stories an. So wie diese:
Johnny ist 1939 mit einem Frachter der Handelsmarine auf dem Rückweg von Rumänien. Als er Gibraltar passieren will, bricht der zweite Weltkrieg aus. Die Briten blockieren die Meerenge. Der Kapitän, der mit dem ganzen „Nazikram“ nichts anfangen konnte, sitzt in der Zwickmühle. Die Fracht dem „Feind“ überlassen und bei den Nazis in Ungnade fallen. Oder sich dem ganzen Kriegsterror entziehen. Jon Andresen entscheidet sich für Letzteres. Bewusst steuert der Seemann das Schiff vor Cádiz auf Grund. Die Ladung geht an Spanien und er taucht unter. Mehrere Jahre lang. Irgendwann aber zwingen ihn die „Nazischergen“ zurück ins „Reich“ zu kommen. Der Krieg ist längst verloren. Onkel Johnny bekommt, zurück im Norden, einen weiteren Frachtauftrag. Aber anstatt von Ostpreußen aus die Güter nach Flensburg zu bringen, nimmt der Kapitän etwa 4.000 Menschen an Bord, die vor der Roten Armee fliehen und bringt sie wohlbehalten in die Förde. Unter Beschuss.
„Im Prinzip“, sagt Andreas Behrens, „hat mein Großonkel wohl ähnliches getan wie Oskar Schindler. „Ob sich diese Geschichte tatsächlich so zugetragen hat, das recherchieren wir noch.“ Bewahrheitete sie sich, wäre das Stoff für einen Film. Als Desche erzählt, hat er feuchte Auge. Rauhe Schale, weicher Kern. Das Vermächtnis von Onkel Johnny?