Die Formulierung „Berge besuchen“ gefällt ihm. Reinhold Messner umschreibt seine Abenteuer in den Bergen dieser Welt etwas anders. Er bedient sich eines tibetischen Ausdrucks. „Kalipe – immer ruhigen Fußes.“ Das sagt der Mann, der alle 14 Achttausender bestiegen hat, so schnell und mit so wenig Ausrüstung wie keiner vor ihm.
Messner hat alpinistische Grenzen verschoben. „Das aber ist nur in kleinen Schritten möglich gewesen“, so der 80-Jährige. Über Grenzen kann Messner stundenlang referieren. Am Mount Everest zum Beispiel sei er mit Peter Habeler auch ohne Sauerstoffmaske keineswegs in seinen Grenzbereich vorgestoßen. Für das Bergsteigen aber war es 1978 eine Grenze. Das Duo hat damals ein Tabu verschoben. Die Prämissen im Alpinismus lauten nach Definition Messners nämlich: möglich oder unmöglich, nicht richtig oder falsch oder gut oder schlecht. „Nur weil dies oder jenes noch nicht geschafft wurde, gilt es als unmöglich. Das trifft aber nur solange zu, bis es jemand schafft.“ Messner folgt zeitlebens seinen eigenen Gedanken. Ein Rebell ist er. In vielerlei Hinsicht.
Die Angst als Korrektiv
„So gesehen bin ich sicher in Grenzbereiche vorgestoßen“, sagt Messner. Aber nur selten in meine persönlichen.“ Dann setzte bei dem Extremsportler auch die Angst als Korrektiv ein. „Ein guter Bergsteiger lässt sich immer Spielräume. Nur in absoluten Ausnahmesituationen ruft er vielleicht 99 Prozent seiner Fähigkeiten ab, die er dann durch diese Erfahrung wieder ausbaut.“ Das meint Messner mit den kleinen Schritten.
Von Heldentum am Berg oder gar nationalistischem Gehabe hält Messner überhaupt nichts. „Deshalb habe ich die Gipfel auch nicht bezwungen, sondern ich war ein geduldeter Gast.“ Mit knapp sechs Jahren war er das erste Mal zu Besuch auf einem 3.000er. In Brixen geboren, wuchs Reinhold in Villnöß auf. Schon früh merkte er: Klettern macht Freude. Dass das sein Leben nachhaltig prägen würde, „habe ich damals natürlich noch nicht gewusst.“