„Die Welt dreht sich eh weiter“

„Die Welt dreht sich eh weiter“

 2. Januar 2024

Christian Stangl besucht den Bergsteigerfriedhof in Johnsbach mit großem Respekt

Großgewachsen ist er. Drahtig. Kernig. Eher leise. Laute Töne sind nicht Christian Stangls Sache. Wir treffen uns im Bergsteigerdorf Johnsbach im Gesäuse. In dem kleinen Ort, der schon viele prominente Bergsteiger und Alpinisten gesehen hat. Manche haben das Dorf nie wieder verlassen. Weil sie auf dem kleinen Bergsteiger-Friedhof liegen.

Unzählige Tragödien kennt der Kletterexperte

Christian Stangl war unzählige Male hier. „Das ist ein besonderer Platz“, sagt der studierte Elektrotechniker. Ein Ort der Mahnung und der Erinnerung. „Dass ich schon oft auch sehr viel Glück hatte und überhaupt noch lebe.“ Wir streifen über den Friedhof, bleiben immer wieder stehen. Zu vielen Gräbern kann Stangl eine Geschichte erzählen. Immer wieder hält er inne, schaut in die schroff-schöne Landschaft des Gesäuses und atmet tief. Eine Geste des Respekts vor den Toten.

Da war ich echt schlecht beieinander

Christian Stangl nach seinem Unglück in Pakistan

Es wirkt, als liefen sehr persönliche Filme vor Stangls innerem Auge ab. Mit zum Teil sehr dramatischen Inhalten. Anfang der 1990er Jahre erfasst ihn am Ogre (7.285m Karakorum/Pakistan) eine Lawine. Sie zertrümmert den Oberschenkel und kostet Christian Stangl fast das Leben. „Fast aussichtslos war das damals, aber aufzugeben, war keine Option für mich“, erzählt er. Erst nach schmerzhaften neun Tagen bekommt der „steirische Sturkopf“ erste medizinische Versorgung. Ein Lungeninfarkt verschärft die Situation. „Da war ich für ein halbes Jahr echt schlecht beieinander.“

Christian Stangl am Mt. Vinson in der Antarktis

Außer einer kleinen Fußfehlstellung ist davon aber nichts geblieben. Eher die Erkenntnis, die Stangl später beim Besuch des Musicals Freudiana über die Psycho-Analyse von Sigmund Freud gewinnt. „Egal ob du lebst oder stirbst, das Leben dreht sich sowieso weiter!“

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