Es begann vor rund 45 Jahren. Als Knabe kommt der talentierte Musiker ins Paulinum nach Schwaz. In dem Internat sieht der Junge das erste Mal in seinem Leben einen Konzertflügel. „Und ich durfte in der Kirche auf einer Orgel spielen.“ Das durchfuhr ihn wie ein Blitz. Mit dieser Faszination für Pfeifen, Tasten und Pedale ist der Künstler nicht alleine.
Für Wolfang Amadeus Mozart war die Orgel „die Königin der Musikinstrumenten“. Anderen Komponisten ging und geht es ähnlich. Vielleicht liegt es auch den vielen Superlativen, die Orgeln innewohnen. Sie sind wohl die größten Musikinstrumente überhaupt, die lautesten und die leisesten. Organisten wie Ludwig Lusser spielen auf Orgeln die tiefsten und die höchsten Töne. Mit Händen und Füßen bedient der Künstler in St. Pölten drei Manuale mit mehr als 160 Tasten, dutzende Register, Pedale und hunderte Pfeifen. Lusser erzeugt die Klangwelt eines ganzen Orchesters auf höchstem Niveau. „Die Qualität der komponierten Orgelwerke ist mehr als beeindruckend,“ findet der Innervillgrater.
Auf mehr als 800 Jahre nieder-geschriebene Kirchenmusik können Künstler wie Lusser zurückgreifen. „Ein Schatz.“ Bei all dieser schriftlich fixierten Qualität sind Kirchenmusiker oft auch Meister der Improvisation. Das verbindet sie mit dem Jazz. Während eines Gottesdienstes lässt sich eben nicht alles exakt planen. „Da musst du als Organist deiner Intuition folgen. Ähnlich wie ein Jazzmusiker.“ Ob die großen Meister wie Bach, Beethoven oder Mozart in der heutigen Zeit deshalb eher Jazzlegenden geworden wären?
„Das ist natürlich Spekulation“, lacht Ludwig Lusser. Aber ganz abwegig erscheint ihm das nicht. Denn die berühmten Komponisten haben immer improvisiert. „Aus reiner Spielfreude, weil sie als virtuose Künstler Lust am Unvorhersehbaren hatten und ausprobierten.“ Denn das bedeutet Improvisation. Aus dem Stegreif und unerwartet. Improvisieren hat Ludwig Lusser im Villgratental gelernt. Nicht nur an der Orgel in der schönen Pfarrkirche St. Martin. Sondern wie seine sieben Geschwister auch im elterlichen Betrieb. Tüfteln, basteln, Hand anlegen. Das gehört auf einem Bergbauernhof zum Alltag. Bis heute profitiert er als Musiker davon.